29. April 2019
Kinder und Jugendliche für das Theater begeistern
„Karo Acht“ spielen ihr Stück „Herr Glück und Frau Unglück“ an der Elisabeth-von-Rantzau-Schule
Einfach ist die Nachbarschaft zwischen Herrn Glück und Frau Unglück nicht und daher ist es schon ziemlich unwahrscheinlich, dass die beiden sich irgendwann einmal zusammenraufen werden. 10-mal haben Kinder ab vier Jahren in den vergangenen Monaten im Theater für Niedersachsen mitgefiebert, ob es Frau Unglück wirklich gelingt, ihren Nachbarn loszuwerden. Seit fast 21 Jahren inszeniert „Karo Acht“, ein Projekt von Absolventen des Hildesheimer Studiengangs „Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis“, Stücke für Kinder und Jugendliche. Und somit genau für die Zielgruppe, mit denen die angehenden Erzieherinnen unserer Elisabeth-von-Rantzau-Schule arbeiten werden. Sie werden dann Jugendliche in ihrer sprachlichen Entwicklung begleiten, für Theater oder Literatur begeistern und theaterpädagogische Angebote durchführen.
Morgens um 8.30 Uhr. Die Bühnenelemente sind bereits aufgebaut. Gijs Wisse, Techniker des Theaters für Niedersachsen, fährt den Transporter an den Hintereingang der Heinrich-Schenck-Halle, trägt mit Schüler_innen der Fachschule Sozialpädagogik Scheinwerfer, Mischpult und Boxen in die Veranstaltungshalle der Elisabeth-von-Rantzau-Schule. Drei Stunden lang wird mit den Schauspielern Julia Solórzano, Kian Pourian und Sönke Franz aufgebaut, Licht und Beamer eingerichtet und sich am Ende warm gespielt.
5./6. Stunde. Die Schüler_innen und Lehrkräfte nehmen Platz. Das Hallenlicht geht aus. Sönke Franz setzt mit seiner Ukulele ein. Die Bühne ist leer, zumindest fast. Ein aufgefächerter Papierstreifen unterteilt die Bühne in zwei Hälften, weiß gestrichene Elemente scheinen zunächst keine Funktion zu haben. Herr Glück (Kian Pourian) singt sein Lied vom Glücklichsein. Franz bedient das Tablet und mit wenigen Fingergriffen zeichnet er ein Fenster, aus dem Frau Unglück (Julia Solórzano) missmutig nach draußen schaut. Franz lässt mit einer App auf den Bühnenelementen Bilderwelten entstehen und animiert sie, Solozarno und Pourian treten mit dem gezeichneten Schwein oder der Ziege in Interaktion. Das Theaterstück, inszeniert von der Regisseurin Carmen Grünwald-Waack, basiert auf dem gleichnamigen Bilderbuch von Antonie Schneider und Susanne Straßer. Während die Figuren im Buch ihren Namen ganz und gar entsprechen, geht Herr Glück mit seiner Lebenseinstellung hin und wieder auf die Neven, während der Pessimismus der Frau Glück dem ein oder anderen Zuschauer in bestimmten Situationen nicht ganz neu sein dürfte. Neben der humorvollen Auseinandersetzung mit der Thematik ist die Inszenierung nie klamaukhaft. Karo Acht zeichnet vielmehr ein Hang zum magischen Realismus aus, wunderschön vor allem in einer Traumsequenz, so dass die Zuschauer auch immer wieder mit den Figuren mitfühlen dürfen und können. Am Ende: tosender Applaus und viel Zeit für die Fragen der Schüler_innen. Gemeinsam mit der Theaterpädagogin Bettina Braun moderieren Solórzano, Pourian und Franz das anschließende Gespräch. Sie geben Einblicke in das Berufsfeld Theaterpädagogik, berichten von dem Erfolg des Stückes bei den Kindern, der vielfältigen Anwendung theaterästhetischer Mittel und gehen auf die Schwierigkeit ein, vor allem ältere Jugendliche für die Kunstform Theater im Kontext Schule zu begeistern. Hinsichtlich der Animationen macht Pourian deutlich, dass diese für die Kinder aufgrund ihrer medialen Einflüsse eben nicht neu sind. Und so kann der kreative Einsatz digitaler Medien auch ein Türöffner sein – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
(Text und Foto: Daniel Prüfer)