Elisabeth-von-Rantzau-Schule
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  • 4. November 2013

    Stimmen der Opposition

    Dr. Frank Eigenfeld zu Gast an der Elisabeth-von-Rantzau-Schule

    Dr. Frank Eigenfeld  erzählt von seinem Leben in der DDR

    Dr. Frank Eigenfeld erzählt von seinem Leben in der DDR

    „Stimmen der Opposition – diesen Namen trägt ein Projekt  der Deutschen Gesellschaft e.V. , das es Schülern ermöglicht, Zeitzeugen des Widerstands in der DDR zu interviewen und ihnen im direkten Dialog mit Betroffenen die Situation während der SED-Diktatur  näherzubringen.

    Die DDR –für die Schüler der Elisabeth-von-Rantzau-Schule, größtenteils nach dem Fall der Mauer geboren – ein Staat, den man nur aus dem Geschichtsunterricht oder aus Spielfilmen kennt und dessen Alltag daher nur schwer vorstellbar ist. Wie fühlt sich die ständige Angst davor an, überwacht und bespitzelt zu werden? Wie ist es, seine Meinung nicht frei äußern zu dürfen? Wie geht man damit um, nicht einfach überall dorthin reisen zu können, wohin man wollte?

    Wir, die Klasse 13 der Berufsoberschule,  erhielten die Chance, im Rahmen unseres Politikunterrichts den Schilderungen des Zeitzeugen Dr. Frank Eigenfeld hautnah beiwohnen zu können.

    Eigenfeld wurde 1943 in Frankfurt an der Oder geboren.  Nachdem er ursprünglich vorhatte, Regisseur zu werden, änderte er nach dem Mauerbau im Jahr 1961 seine Pläne und entschied sich für ein Studium der Geologie, um dadurch die Möglichkeit zu haben, wissenschaftliche Reisen zu unternehmen. Nach seiner Promotion arbeitete er ab 1970 als wissenschaftlicher Assistent am geologischen Institut der Uni Halle.

    Spätestens im Zuge des gewaltsam durch die Truppen des Warschauer Pakts niedergeschlagenen Prager Frühlings im August 1968 wurde ihm das Unrecht des Systems zum ersten Mal deutlich bewusst und er begann, in Studentenkreisen darüber zu diskutierten.

    Nachdem er 1982 aufgrund „fehlenden sozialistischen Verhaltens“ aus dem Hochschuldienst entlassen wurde, arbeitete er fortan als Hausmeister in einer Evangelischen Gemeinde. Während dieser Zeit hatte er immer häufiger Kontakt zu  Gleichgesinnten, die mit dem System in der DDR unzufrieden waren und es daher verändern wollten. In seinen Augen funktionierte es jedoch vor allem deshalb nach wie vor, weil sich kaum jemand traute, sich dagegen zu erheben.

    Da die evangelischen Kirchengemeinden in der DDR als staatsfreier Raum galten, nutzte er diese Situation, indem er die sogenannten „Nachtgebete“ organisierte und DDR-kritische Zeitungen im Untergrund druckte. In diesen thematisierte er vor allem die Menschenrechtsverletzung  im SED-Staat sowie die militärische Ausbildung von Kindern, die bereits im Kindergarten begann. Während  dieser Zeit wurden Eigenfeld und seine Familie von der Staatssicherheit überwacht und Eigenfeld selbst diverse Male inhaftiert. Um den Schülern einen Eindruck der permanenten Bespitzelung zu verschaffen, hatte er seine Stasi-Akten mitgebracht, die zeigten wie strukturiert und effektiv das Überwachungssystem der DDR griff.

    Gruppenbild

    Oral history im Politikunterricht der Berufsoberschule, Klasse 13

    Eigenfeld ist Mitbegründer des „Neuen Forums“, einer Bürgerinitiative, die sich für einen Dialog zwischen den Menschen einsetzt und sich später die Wahrung der Menschenrechte (Redefreiheit, Reisefreiheit, Gleichberechtigung) als Ziele setzte. Während dieser Zeit entwickelte sich ein DDR-weites Oppositionsnetzwerk mit vielen Anhängern.

    Ab September 1989 ging der Kampf für Freiheit in der DDR schließlich in die entscheidende Phase. Bei den wöchentlich stattfindenden Montagsdemonstrationen kämpften die Menschen mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ für Frieden und Demokratie in dem sozialistischen Staat. Schlussendlich musste sich das Regime dem Druck des Volkes beugen und es kam am 9. November 1989 zum Mauerfall. Nach der Wende setzte sich Eigenfeld gegen die Vernichtung der Stasiakten ein und erreichte, dass 99 % der in Halle gelagerten Akten gerettet wurden. Im Jahr 1990 entschuldigte sich die Universität Halle bei Eigenfeld für dessen Entlassung aus dem Hochschuldienst. Er wurde rehabilitiert und erneut als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt.

    Für uns Schüler stellten die Erzählungen des DDR-Bürgerrechtlers eine sehr aufschlussreiche und wichtige Erfahrung dar, die wir durch eigene Fragen und die anschließende Diskussion noch vertiefen konnten. Dies ermöglichte es uns, sowohl Alltag als auch Geschichte und das System der DDR aus erster Hand vermittelt zu bekommen.

    (Text: Mona Göbel, Fotos: Daniel Prüfer)

    In: Pressemitteilungen