Elisabeth-von-Rantzau-Schule
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  • 20. Februar 2011

    Im Kindergarten sind Männer heiß begehrt

    Erzieher sind wichtiges Vorbild für Jungen ohne Papa, aber selten zu finden / Schlechte Bezahlung schreckt ab.

    David Schlotter sitzt auf dem Boden und singt „Auf der Mauer auf der Lauer…“, um ihn herum sitzen Lars, Paul, Lena und Luis und amüsieren sich offenbar prima, die Szene wirkt vertrauensvoll und harmonisch. Wie David Schlotter hier im Liebfrauen-Kindergarten werden männliche Erzieher fast überall in den Kindertagesstätten von Kindern, Kollegium und Eltern mit offenen Armen empfangen. Denn Männer sind selten im Vorschulbereich – „wie Perlen in einer Auster“, meint Prof. Alois-Ernst Ehbrecht, Leiter der Elisabeth-von-Rantzau-Schule.

    Dabei haben Pädagogen und Politiker längst erkannt, dass Männer in Kindertagesstätten sehr wünschenswert sind – als Vorbilder für Jungen, die ganz ohne Vater aufwachsen oder ihn zu Hause nur selten sehen. Und wegen des besseren Verständnisses männlicher Erzieher für jungenhaftes Verhalten, fürs Raufen und Toben. Aber auch die Mädchen profitieren davon, wenn sie einen kollegialen Umgang der Geschlechter miteinander im Kindergartenalltag erleben.

    Das Bundesfamilienministerium will mit dem im Dezember 2010 angelaufenen Modellprogramm „Mehr Männer in Kitas“ Ideen fördern, die junge Männer in diesen Beruf locken könnten. Erklärtes Ziel ist es, den Anteil von Männern an den Fachkräften in Kindertagesstätten auf 20 Prozent zu bringen. Doch bis dahin ist der Weg weit: Bei 2,4 Prozent lag ihr Anteil 2008 bundesweit. In den Kitas in Trägerschaft der Stadt Hildesheim kommen nach Angaben von Bernd Steinert, beim Stadtjugendamt zuständig für die Tagesbetreuung, auf 132 pädagogische Mitarbeiterinnen immerhin zehn Männer, das sind gut sieben Prozent. In den Kindergärten der evangelischen Kirchengemeinden der Stadt arbeiten nach Angaben des Kirchenamtes 90 Frauen und drei Männer im pädagogischen Bereich. In den katholischen Einrichtungen erreichen nach Schätzung von Anne Dame, Diözesan-Referentin des Caritasverbandes, die Männer einen Anteil von sechs Prozent.

    Die jungen Männer, die sich für die Erzieherausbildung entscheiden, haben es umso leichter auf dem Arbeitsmarkt. „Oft erhalten sie schon während ihrer Praktika die Zusage für eine Stelle“, sagt Jens Harms, Leiter der Herman-Nohl-Schule, wo in diesem Jahr vier Männer die Erzieher-Ausbildung abschließen werden. Diese Erfahrung hat auch Kristian Albrecht gemacht, zurzeit an der Elisabeth-von-Rantzau-Schule im dritten Jahr seiner Ausbildung. Er hat als Praktikant in einem privaten Hort eine Fußballgruppe geleitet und schon ein Stellenangebot bekommen. Till Sander aus der Parallelklasse hörte bei der Vorstellung für einen Praktikumsplatz: „Sie hätten sich nicht vorstellen müssen, wir hätten Sie sowieso genommen.“

    Die Jungen im Hort wandten sich vor allem mit typischen „Papaspielen“ an ihn, mit technischem oder handwerklichem Spielzeug, erzählt Kristian Albrecht. Doch die männlichen Erzieher wollen sich nicht auf derartige Rollenbilder festlegen lassen. Im Kindergarten in der Zeppelinstraße arbeiten mit dem Heilpädagogen Daniel Schneider und dem Sozialassistenten Ulf Knorr gleich zwei Männer. Die backen auch mal Kuchen oder kochen Pudding, während die Kolleginnen das Spielen im Freien übernehmen – die Vorlieben seien nicht geschlechtsspezifisch, sondern individuell. Auch David Schlotter sieht bei sich nicht nur die „typischen“ Männerinteressen. Aber allein durch die Erinnerung an die eigene Jungen-Zeit bringe er eine andere Sicht mit, zum Beispiel wenn Kinder sich dreckig machen oder aggressiv sind.

    „Wir hätten gern mehr Männer in den Kindertagesstätten“, sagt auch Anne Dame. „Sie sind eine Bereicherung, die Kinder sind glücklich. Aber die Rahmenbedingungen sind einfach nicht attraktiv.“ Zu diesen Rahmenbedingungen gehört, dass beispielsweise bei der Stadt nur 50 Prozent der Stellen Vollzeitstellen sind –allerdings mit steigender Tendenz, da der Bedarf an längeren Betreuungszeiten wächst, so Steinert. Trotzdem beschäftigen manche Einrichtungen für eine volle Stelle lieber zwei Teilzeitkräfte, um im Krankheitsfall besser ausweichen zu können.

    Auch der geringe Verdienst wird immer wieder als abschreckend für Männer genannt – selbst wenn sie sich nicht mehr als alleinige Ernährer der Familie betrachten. Ein Erzieher verdient als Berufseinsteiger bei der Stadt 2075 Euro brutto, ein Sozialassistent mit kürzerer Ausbildung 1880 Euro.

    Als Vater von zwei Kindern hat auch Erzieher David Schlotter schon festgestellt, dass eine Familie mit diesem Geld kaum über die Runden kommen kann. Das sei natürlich nicht nur für Männer ein Problem. „Der Erzieherberuf ist inzwischen durchaus gesellschaftlich angesehen“, meint Schulleiter Ehbrecht dazu, „aber die Bezahlung hinkt stark hinterher.“ Wegen der besseren Aufstiegschancen entscheiden sich von den wenigen männlichen Erziehern dann viele für den Weg in die Heimerziehung. Dabei sei die Arbeit in der Kindertagesstätte so vielseitig, sind sich Schlotter, Knorr und Schneider einig: Bewegung, Musik, mal Trösten, aber auch Elternarbeit, Planung und Organisation gehören dazu. „Und die Kinder geben so viel zurück.“

    (Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung , erschienen am 15.02.2011)

    In: Pressespiegel