Elisabeth-von-Rantzau-Schule
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  • 25. März 2018

    Von bunten Tüchern und salzigen Kernen

    Tischtheater

    Religionslehrerin Irmgard Abel vermittelt den Sinn der Fastenzeit an junge Berufsschüler. Angehende Erzieher sollen in ihrem Unterricht lernen, wie Christen fasten und wie Kinder diese besondere Zeit im Jahreskreis begreifen können. Ein Besuch an der Elisabeth-von-Rantzau-Schule in Hildesheim.

    Von Karina Scholz

    Mit bunten Tüchern, einem Korb voller Holzperlen und großformatigen Papierstapeln im Arm bahnt sich Irmgard Abel den Weg zu ihrer Klasse. Die Religionslehrerin an der berufsbildenden Elisabeth-von-Rantzau-Schule in Hildesheim nimmt heute die Fastenzeit im Unterricht durch. Ihre Schüler gehen in die erste Klasse der sozialpädagogischen Assistenten, sind also im ersten Jahr ihrer Ausbildung. Nach vier Schuljahren und Praxiserfahrung können sie als Erzieher arbeiten. Heute sollen sie lernen, wie sie Kindern die Bedeutung der Fastenzeit erklären können.

    Zur Vorbereitung hat Irmgard Abel in der letzten Stunde Fragebögen verteilt, die Ergebnisse stellt sie jetzt vor: nur sechs Schüler haben auf

    In Lerngruppen der Fastenzeit auf der Spur

    die Frage „Würden Sie in der Fastenzeit auf etwas verzichten?“ mit „Ja“ geantwortet. 14 der jungen Erwachsenen können mit der Fastenzeit nichts anfangen und sehen „keinen Grund“, auf etwas zu verzichten.  Das hat Irmgard Abel nicht anders erwartet. Ihre größtenteils 16 bis 20 Jahre alten Schüler stellen einen Querschnitt der Gesellschaft dar, sind „kirchenfern“, wie Abel es nennt. Ihr Anspruch für den Religionsunterricht lautet: „Ich will eigenständige Köpfe, keine strengen Katholiken.“

    In ihrem Unterricht sollen die Schüler Werte kennenlernen. Jeder wird mit seinen Überzeugungen respektiert. Bewertet wird nicht der Glaube, sondern wie er oder sie sich auf den Standpunkt der katholischen Lehre einlässt. „Mein Unterricht soll Raum für Fragen bieten“, sagt Abel. So verweist sie in ihren Erklärungen auch auf die Fastenzeiten anderer Religionen, zum Beispiel im Islam oder im Buddhismus. Die Hauptrolle spielt jedoch die christliche Fastenzeit.

    Irmgard Abel hat katholische Theologie studiert und war lange in der Diakonenausbildung tätig, bevor sie vor 13 Jahren Lehrerin an der Elisabeth-von-Rantzau-Schule wurde. Für ihre Schüler, die das Fasten größtenteils nicht aus dem Elternhaus kennen, zitiert sie aus einer Fastenordnung der Diözese Augsburg von 1930. Die strengen Vorschriften zum Verzicht auf Fleisch und andere Lebensmittel bringen ihre Zuhörer zum Schmunzeln, wirken antiquiert. Dann kommt Abel auf den zeitgenössischen Theologen Ulrich Lüke zu sprechen. „Er sieht die Fastenzeit als eine Art Trainingslager der Menschlichkeit“, erklärt die Lehrerin. „Und zwar in drei Weisen: authentisch, solidarisch, spirituell“, sagt sie. Auf einmal ist es still im Klassenraum. Auf den Gesichtern der Berufsschüler zeichnen sich nachdenkliche Falten ab.

    Dann wird es praktisch: In Kleingruppen bekommen die Schüler die bunten Materialien ausgehändigt, die Abel zu Beginn der Stunde auf

    Arbeit mit Kettmaterial

    einem freien Tisch aufgetürmt hat.  „Kinder brauchen Anschauungsmaterial“, sagt Abel. Ihre Schüler sollen überlegen, wie sich die Fastenzeit optisch darstellen und kindgerecht erklären lässt. Zur Auswahl stehen ein japanisches Papiertheater mit farbenfrohen Bildern, Kamishibai genannt, Bilderbücher und die bunten Tücher und Holzperlen, die nach einer Methode des Religionspädagogen Franz Kett angeordnet werden.

    15 Minuten lang diskutieren die Schüler. Auch diejenigen, die sich im Unterricht nicht zu Wort gemeldet haben, sprechen ihre Ideen aus. „Die bunten Tücher hier, die könnten für den Karneval stehen, dann kommt grau für den Aschermittwoch“, sagt Schüler Stefan Otzipk. Irmgard Abel hilft der Gruppe, das Legebild zu vervollständigen. Am Ende leuchten gelbe Tücher als Symbol für Ostern und die Auferstehung Jesu.

    Eine andere Gruppe greift eine Idee aus dem Kamishibai auf. „Wir würden mit den Kindern Fastentüten basteln, in die 40 gesalzene Kürbiskerne kommen. An jedem Tag der Fastenzeit dürfen die Kinder einen Kern aus der Tüte essen“, erklärt Schülerin Laura Weidner. Irmgard Abel nickt zufrieden. Das Ende der Stunde ist da, ihre Schüler müssen los zu einem Praxis-Projekt.

    (Text und Fotos: Karina Scholz)

    In: Pressespiegel